Schöner als Spanien - und ganz nah

Ein sonniger Samstag am Auesee


Von C. BUSCH (Text) und M. WEISSENFELS (Fotos)

WESEL. Früh am Samstag liegt der Auesee noch ruhig da, nur vereinzelt haben sich schon erste Sonnenanbeter und Schwimmer auf der Wiese niedergelassen. Doch die Wetterfrösche haben es groß angekündigt: Es wird heiß am Wochenende! Und richitg: Schon kurze Zeit später beginnt der erwartete Ansturm auf das idyllische Gewässer.

Schwerbeladene Autos stauen sich vor der Parkplatzeinfahrt, die amtlichen Kennzeichen stellen eine bunte Mischung aus demganzen Ruhrgebiet dar: Duisburg, Oberhausen, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen rücken (fast) geschlossen an. Jeder sucht Erfrischung auf seine Weise.

Am coolsten haben es sicherlich die Taucher: Theo Borgmann vom Tauchcenter Wesel übt mit seinen Schülern auf der Südseite des Sees das Navigieren mit dem Kompaß. Obwohl die Sicht durch das warme Wetter der vergangenen Tage mittlerweile etwas getrübt ist, schwärmt der Tauchlehrer von Fischreichtum und Wasserqualität: Aale, Barsche, Hechte und Süßwasserkrebse begegnen den Froschmännern und -frauen unterhalb der Wasseroberfläche.

Auf dem Trockenen sitzen Manuela, Uwe, Markus und ihre Freunde in der Sonne. Die Bottroper sind schon seit Freitag da und haben auf der Südseite in ihren Schlafsäcken übernachtet. Das machen viele hier, berichtet Manuela. Nachts erwacht eine andere Szenerie am See. Überall an den Ufern versammeln sich die Leute in Gruppen, man hört Musik, und hier und da wird auch schon mal ein kleines, wenn auch unerlaubtes Feuerchen angezündet.

Im Schatten ihres Sonnenschirmes machen sich Gisela Grasberger und Regina Dories über ihren mitgebrachten Schichtsalat her. Die beiden fröhlichen Damen aus Altenessen und Niederkassel finden es einfach traumhaft hier. Besser als Spanien, lacht Regina Dories und greift zum hartgekochten Ei. Andere Seen seien zwar auch schön, aber oft dürfe man das Gelände der Baggerseen nicht betreten.

m Uferbereich der Ostkurve stehen zwei sonderbar gekleidete Gestalten zur Hälfte im Wasser. Auf den ersten Blick könnte man sie für Taucher halten, doch sie tragen Kopfhörer anstatt Sauerstoffmasken und geheimnisvolle Gerätschaften in den Händen. Die Belgier Nick und Paul kommen seit Jahren an den See und betätigen sich als Sachensucher. Bevor es zu voll wird, steigen sie mit Metallsuchgerät und Kescher ins Wasser und finden verlorene Gegenstände. Ringe, Kettchen oder Brillen, etwas holen die beiden Herren immer raus.

Alles im Blick haben Gisela und Helmut hinter ihrem Kaffetisch: Die Duisburger Stammgäste mit Parkplatz-Dauerkarte beobachten lässig aus der ersten Reihe das Gewimmel in der Ostkurve. In der Woche ist es schöner, berichtet Helmut, aber den beiden Rentnern gefällts auch mit Rummel.

Die klassische Rollenverteilung macht auch vor einem Tag am See nicht halt: Auf einer Decke sitzt Svetlana und schnitzt die Zutaten für den Salat zurecht, während sich die Herren Alex und Janosch zu zweit um die Befeuerung des Grills kümmern und schon mal das Bier kalt gestellt haben. Überall werden mittlerweile mit Doppelhub-Luftpumpen oder per Lungenkraft eifrig Matratzen aufgefüllt und Gummiboote aufgeblasen, die Sandburgen vergangener Herrscher zerstört und neu aufgebaut und die merkwürdigsten Schwimmhilfen zu Wasser getragen. Allmählich wird es eng auf der Wiese. Am Sandstrand tobt das Leben, es duftet nach Sonnenmilch und Gegrilltem, und die Geräuschkulisse nimmt langsam Volksfestausmaße an.

Ein völlig anderes Bild bietet das andere Ende des großen Auesee-U: Hier lockt kein Sand-, sondern Kiesstrand und Ruhe und Abgeschiedenheit. Schwalben segeln tief über die Wasseroberfläche, pflücken Insekten ab, Möwen holen sich ab und zu einen Fisch, bunte Libellen schwirren um die Sträucher. Abends, wenn es richtig still wird, kann man sogar größere Fische in Ufernähe beobachten. Der Auesee hat halt für jeden Geschmack etwas zu bieten.

Die Schönheit hat auch ihre Schattenseiten. Gestern mittag mußte das Ordnungsamt 17 Pkw abschleppen, die die Zufahrtswege zugeparkt hatten.

Mit Schichtsalat und hartgekochten Eiern haben es sich Gisela Grasberger und Regina Dories im Schatten gemütlich gemacht und versprechen: Wir bleiben bis zum Abwinken!

Irgendwo zwischen Froschmann und Goldwäscher: Paul aus Belgien fährt mittelschweres Gerät auf, um seinem Hobby nachzugehen. Einen festen Claim steckt er dabei übrigens nicht ab. Manuela und ihre Freunde sind schon seit Freitag da. Peter (im Schlafsack rechts daneben) hat den Tagesanbruch verpaßt.