EDITORIAL

Michael Goldschmidt

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

zählen Sie auch zum "harten Kern" der Taucher, die mit eigener Komplettausstattung zum Tauchen gehen? Sie besitzen eine eigene Pressluftflasche? Dann tut sich hinter Ihrem Rücken zur Zeit etwas Erfreuliches mit deutlichen Schönheitsfehlern. Es geht wieder einmal um die Prüffristen, den so genannten TÜV der Atemgasflaschen. Alle zwei Jahre müssen die Geräte geprüft werden, sonst dürfen sie nicht mehr befüllt werden. Heimlich still und leise wurde das diesbezügliche Regelwerk mit Wirkung zum 1.1.2003 geändert. Statt im zweijährlichen Turnus können die Flaschen jetzt erst nach 5 Jahren zu einer Druckprüfung vorgestellt werden, wenn nach 2 ½ Jahren eine neu eingeführte Zwischenprüfung erfolgte. Bei der Zwischenprüfung bleibt die Flasche trocken und es wird im Schwerpunkt eine Sichtprüfung

vorgenommen, erst nach 5 Jahren wird im Wasser, unter einem Druck von 300 bar, auch eine Berstprüfung gemacht. Natürlich müssen die Arbeiten in einem zugelassenen Prüfbetrieb erledigt werden, in Anwesenheit eines Fachmanns des TÜV. Die Kostenlage für die unterschiedlichen Prüfungen dürfte wohl identisch sein. Unterm Strich verlängert man die Prüfintervalle um insgesamt 12 Monate, was ja auch einen finanziellen Vorteil darstellt.
Aber, nun kommt der Haken und hier recherchiert unser neues Redaktionsmitglied Peter Schreiner, als anerkannter Fachmann in dieser Thematik, wie wendet man dieses neue Regelwerk denn nun an? Haben Sie in den ersten Monaten dieses Jahres die TÜV, Prüfung durchführen lassen, dann haben Sie nur einen "Zweijahresvertrag" bekommen. Möchten Sie von der aktuellen Regelung profitieren und erst nach 2 ½ Jahren die neue Zwischenprüfung machen lassen, dann bekommen Sie 6 Monate lang keine Luft in Ihre Flaschen gedrückt. Und was ist los mit den ab 1.1.03 neu ausgelieferten Tanks, die ja automatisch der neuen Verordnung unterliegen sollten? Eine Menge Fragen, die noch nicht einmal von den TÜV, Fachleuten in den unterschiedlichen Bundesländern klar beantwortet werden können. Die Antworten reichen von "Nie davon gehört" bis "das müssen wir noch klären". Das ist ein ärgerlicher Zustand also, aber im traditionsreichen Gezerre rund um das Thema Pressluftflaschen nur ein weiterer Mosaikstein. Um hier von höchster Ebene Licht ins Dunkel zu bringen trifft sich Peter Schreiner sogar mit Bayerns Sozialministerin Stewens. Doch bis die offenen Fragen unmissverständlich geklärt und bundesweit in den Prüf- und Füllbetrieben zur Kenntnis genommen werden, wird noch einige Zeit vergehen. Diese Unsicherheit hätte man allen Betroffenen ersparen können, nein müssen! Es ist nicht zu verstehen warum ein neues Regelwerk eingeführt wird, dessen praktische Umsetzung wohl mit kaum keiner Silbe überdacht wurde. Amtliche Stellungnahmen sind aufgrund der verklausulierten Abfassung kaum mehr lesbar, selbst wenn man die in den Bezügen genannten Paragrafen in den dicken und mittlerweile extrem unübersichtlichen Regelwerken studiert. Wer das noch verstehen soll, bleibt uns verborgen. Der ohne Hochschulstudium agierende Mitarbeiter in einem Prüfbetrieb kommt da ganz schön ins Schleudern.
Jedenfalls bleiben wir am Ball und werden Sie umgehend informieren, wenn die gesicherten Fakten auf dem Tisch liegen.
Voll Neid können wir da nur über die Grenze nach Österreich schielen. Da ist die Welt der Verbraucher noch in Ordnung. Nicht nur, dass der Sprit dort deutlich billiger ist, die Prüffristen sind auch wesentlich großzügiger ausgelegt. Erst nach 10 Jahren erfolgt eine Hauptprüfung unter Druck, wenn nach 4 und 7 Jahren eine Sichtprüfung erfolgte. Trotz der längeren Intervalle fliegen unseren Nachbarn deshalb nicht auch mehr Flaschen um die Ohren, wie man auf den ersten Blick erwarten könnte. Weit gefehlt, diesbezügliche Zwischenfälle sind genauso rar wie in Deutschland. So, wie viele Deutsche, die in relativer Nähe zu Österreich wohnen und jenseits der Grenze spürbar billiger Tanken, könnte man ja seine Flasche deshalb in Österreich kaufen oder dort zu einem TÜV , Betrieb geben. Dann werden die Kosten für die TÜV, Untersuchungen natürlich auch gesenkt. Unsicherer kann die Sache nicht sein, denn, delikater Aspekt, der TÜV , Süddeutschland ist in Österreich in dieser Angelegenheit tätig! Interessant also, dass das, was in Österreich offenbar problemlos funktioniert in Deutschland nicht auch praktiziert werden darf.
Doch Peter Schreiner warnt, dieser Gedankengang sei rechtlich nicht unproblematisch. Als Deutscher Staatsbürger muss man den TÜV auch in Deutschland machen lassen. Sollte bei einer wie oben beschriebenen Konstellation ein Zwischenfall passieren, müsse man mit Schwierigkeiten rechnen...
Einen TÜV, Tourismus nach Österreich werde ich mit diesem Gedankenspiel sicher nicht auf den Weg bringen, reizvoll ist die Idee aber doch.


Herzliche Grüße

Ihr

Michael Goldschmidt

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